Tunesien: Überbetriebliche Ausbildung mit dem Privatsektor "L’union fait la force"

Zusammen sind einzelne Akteure viel stärker und jeder individuelle Beitrag trägt zum Gesamterfolg bei. Das gilt auch für das tunesische Berufsbildungssystem.

c: Pixaby Michael Mürling

Für die Umsetzung einer arbeitsmarktorientierten Ausbildung (Ausbildung in Berufsschule und Unternehmen) fehlt es den verantwortlichen Akteuren in Tunesien an den notwendigen Kompetenzen und Koordinationsmechanismen. Daher hat das im Titel erwähnte GIZ-Vorhaben das Ziel, die Kapazitäten des tunesischen Berufsbildungssystems zu stärken. Durch die Einbeziehung des Privatsektors soll die Qualität der Ausbildung in den Branchen Textil, Tourismus und Kunststoffverarbeitung verbessert werden. Ministerien (Staat) inklusive der Unterstrukturen, Berufsschulen und die Privatwirtschaft inklusive der Unternehmerverbände als Haupt-Akteursgruppen müssen über gute und eingespielte Arbeitsbeziehungen untereinander verfügen, da sie eine zentrale Rolle in der Rahmengestaltung der dualen Berufsausbildung spielen.

Genau hier setzt die GIZ TVET Academy an. Sie wurde von dem GIZ-Vorhaben „Überbetriebliche Ausbildung mit dem Privatsektor in Tunesien, FIESP II“ beauftragt, maßgeschneiderte Angebote zu entwickeln. Die Zusammenarbeit der drei Haupt-Akteursgruppen soll verbessert werden. Um die konkreten Bedarfe zu analysieren, wurde die Delphi-Methode angewandt und durch eine Reihe von Workshops im September 2024 in Tunis umgesetzt.

Vertreter der Haupt-Akteursgruppen wurden jeweils als Gruppe allein in einem halbtägigen Workshop zu ihren Problemen mit den beiden anderen Akteursgruppen befragt sowie zu möglichen Lösungsansätzen und zu Unterstützungswünschen durch das Vorhaben. Die Statements der drei halbtägigen Workshops wurden in einem finalen Workshop gemeinsam von Vertretern aller drei Gruppen finalisiert und bestätigt. Darauf aufbauend entwickelte die TVET Academy gemeinsam mit dem GIZ-Vorhaben sechs Human Capacity Development Pakete (HCD-Pakete), welche verschiedene Qualifizierungskonzepte und Trainingsmaßnahmen enthalten, die in den nächsten zwei Jahren bis zum 31.01.2027 umgesetzt werden sollen. In Absprache mit dem politischen Partner (Schlüsselakteur) und dem vom Bildungsministerium für das FIESP II Projekt zugeteilten Koordinator wurde entschieden, zunächst drei HCD-Pakete im Jahr 2025 anzugehen.

Bildungsprogramme müssen an die aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse der Wirtschaft angepasst werden (HCD-Paket 1). Dazu zählt die Aktualisierung bestehender Ausbildungsprogramme. Der Prozess hierfür ist komplex und langwierig. Exemplarisch sollen aus den drei Sektoren jeweils ein Modul eines Ausbildungsgangs aktualisiert und der damit verbundene Prozess optimiert werden. Des Weiteren zählt zu diesem HCD-Paket der Weiterbildungsmarkt, welcher stark fragmentiert ist.  Den Bildungsabschlüssen fehlt es nach wie vor an staatlicher Anerkennung, was den Eintritt in den Arbeitsmarkt erschwert. Eine Konzeptnote aller Stakeholder soll dazu beitragen die Anerkennungen (Zertifikate) zu institutionalisieren.

Geplant ist eine Konferenz zum Thema Pädagogik und neue didaktische Methoden verbunden mit einem Innovationspreis mit dem Ziel, die Zusammenarbeit und den Austausch zu stärken (HCD-Paket 3). Eine Marketing- und Imagekampagne soll zudem das Interesse der Jugend an einer beruflichen Ausbildung in den drei Industriesektoren wecken, da die gesellschaftliche Fokussierung nach wie vor hin zu einer universitären Ausbildung geht, um die Arbeitsmarktchancen zu erhöhen (HCD-Paket 6).

Die TVET Academy trägt somit zur Zielerreichung des GIZ-Vorhabens bei. Bestehende Beziehungen wichtiger Akteursgruppen wurden analysiert, die Probleme in einem offenen Dialog angesprochen und Lösungsansätze in konkrete Aktivitäten formuliert und die Umsetzung mit dem Projektteam besprochen und geplant. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Qualitätsverbesserung des tunesischen Berufsbildungssystems geleistet.

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